Butterflys im Bauch – von Liebe und Gewalttaten

von Dron

 

Vom U-Bahn-Winde verweht

Wenn ich schon auf die Fresse kriegen sollte, dann als Held. Oder wenigsten bei dem Versuch, ein Held zu sein. Diesen übermäßigen Mut muss ich im Nachhinein wohl meinem Restalkohol zurechnen, denn das ist es, was Alkohol aus uns macht. Er macht aus einem Durchschnittstypen einen Draufgänger, aus einem schüchternen Jungen einen Casanova und aus mir eben einen Helden. Aus Dimitri wurde Dimitri der Befreier, der in zahlreichen Heldenliedern besungen und als Beschützter der schönsten Frauen gefeiert wird.

Also ging ich auf die Typen zu und schnallte mir unauffällig meine Armbanduhr ab. Denn im Falle einer Schlägerei wollte ich nicht noch meine gute Uhr, die mir meine Mutter zu Weihnachten geschenkt hatte, verlieren oder kaputt machen. Das hatte ich von meinem besten Kumpel Maxim gelernt: Vor einem Kampf die Wertsachen abnehmen!

Als ich den Penner passierte, stieg mir der widerliche Geruch von Urin, Bier und Zigarettenrauch in die Nase – ich verzog mein Gesicht und warf ihm einen vorwurfsvollen Blick zu, den er jedoch ignorierte.

Ich kam immer näher, konnte nun das Mädchen ganz genau erkennen und blieb stehen. Sie war viel hübscher, als es von weitem den Anschein gemacht hatte ...

 

Südlich der Ghettosphere

„Ey, du Hurensohn!“, schreit Hassan und läuft auf einen Jungen zu, der gerade sein Fahrrad aufschließen will. Er packt ihn am Kragen und schmeißt ihn zu Boden.

„Du kleiner Wichser!“ Marius taucht auf und tritt mit voller Wucht gegen das Fahrrad.

„Was wollt ihr?“, schreit der Junge, und man hört die Verzweiflung in seiner Stimme.

„Du schuldest uns noch Geld. Hast du das etwa vergessen?“

„Ich hab’s grad nicht bei …“

„Halt die Fresse!“, unterbricht ihn Hassan. Nach einer kurzen Pause fährt er fort: „Hol deine Brieftasche raus.“

„Was? Nein!“

„Er hat gesagt, hol deine scheiß Brieftasche raus!“, sagt Marius.

„Nein, fickt euch!“, erwidert der Junge selbstbewusst, doch man spürt, dass er es nur vorspielt.

„Wie redet der mit uns?“, fragt Hassan lachend und dreht sich dabei im Kreis. Dann bleibt er stehen, und seine Stimmung ändert sich. Er geht einen Schritt auf den Jungen zu und schlägt ihm mit der Faust direkt ins Gesicht. Der Junge schreit auf. Marius bückt sich zu ihm und packt ihn am Kragen. „Hör zu, Kleiner! Nächste Woche kommst du zu uns und gibst uns unser Geld, kapisch?“

„Aber das ist doch nur ein Zwanni.“

Als er noch etwas sagen will, greift Hassan in seine Jacke und holt die Pistole raus. Er zielt auf den Jungen, und ein leichtes Lächeln zaubert sich in sein Gesicht …

 

Der Tablettenkönig

Dann taucht vor meinem inneren Auge ein Ort auf. Ein Club in einem Keller: laute Musik, überall betrunkene Iren, Kokain. Wir waren in diesem Club am Hafen, dessen Name ich nicht mehr weiß. Aber das ist erst mal nicht von Belang. Ich fühle mich auf einmal ein wenig erleichtert. Ich sammle mich wieder, versuche das Herzklopfen zu ignorieren und gehe weiter. Plötzlich bemerke ich die halb volle Red-Bull-Dose in meiner Hand. Angesichts des Herzklopfens sollte ich das lieber sein lassen. Ich werfe die Dose in hohem Bogen in den Mülleimer. Die Zeit rennt mir davon, ich blicke wieder auf das Display meines Handys, das mir verrät, dass in zwanzig Minuten der Unterricht beginnt. Wenn ich mich beeile, schaffe ich das noch. Ich kann es mir nicht erlauben, wieder zu spät zu kommen.

Also richte ich mich auf, atme tief durch und setze mich in Bewegung.

Wir waren also in diesem Club am Hafen. Aber wer waren wir? Und warum war ich am Sonntag dort, wenn ich doch heute in die Schule muss? Es ergibt kei…

Stopp! Was war das? Irgendetwas hat sich gerade im Gebüsch bewegt. Ich gehe einen Schritt auf die Hecke zu und lausche aufmerksam. Nein, alles gut. Ich habe mir das nur eingebildet. Mein Gehirn hat mir einen Streich gespielt. Das Geräusch verschwindet, dafür kommt das HERZRASEN WIEDER. UND DIE PANIK. SO EINE VERDAMMTE SCHEISSE …

 

Alectos Gang

Auf den ersten Blick wirkt das vielleicht alles sehr brutal. Aber das, was wir machen, ist notwendig. Wir erweisen dem Universum einen Dienst. Das ist das einfache Konzept, das seit Anbeginn der Menschheit wirkt: Schlechten Menschen widerfährt Schlechtes – Karma, Baby! Eine Spitzmaus frisst ihr Leben lang Larven. Doch wenn sie tot ist, fressen die Larven die Spitzmaus. Egal, wie stark du bist, du bist nicht stärker als die Zeit. Das Blatt wendet sich immer. Und dann bist du gefickt. Jeder kriegt, was er verdient. Nicht mehr und nicht weniger. Das ist, woran ich denke, wenn ich dem Vergewaltiger den Schraubenzieher in den Oberschenkel ramme. Das ist, woran ich denke, wenn ich dem korrupten Schwein an zwei Stellen die Nase breche.

Auch diesmal halte ich die Eisenstange in der Hand …

 

 

Das Buch von Dron finden Sie hier: Butterflys im Bauch – von Liebe und Gewalttaten.

 

 

© 2014 Morisken Verlag München

Alle Rechte vorbehalten.

Showcases

Background Image

Header Color

:

Content Color

: