„Interview mit dem Verleger“

von Thomas Peters

 

Reporter: „Herr Verleger…“

Herr Peters: „Ich bitte Sie – für meine Freunde bin ich ‚Herr Peters‘!“

Reporter: „Gerne. Herr Peters, man sagt, Sie seien ein knallharter Geschäftsmann.“

Herr Peters: „Ja richtig [nickt amüsiert], das hat man mir so manches Mal nachgesagt.“

Reporter: „Können Sie denn gut schlafen?“

Herr Peters: „Danke, ja, ich habe so ein im Weltraum getestetes Kissen mit Latex-Kern aus dem Fernsehen.“

Reporter: „Ich meinte: Wie lebt es sich mit diesem Ruf?“

Herr Peters: „Ach so! Also, was Fremde über mich sagen, ist mir eigentlich egal.“

Reporter: „Und was bedeutet das in Bezug auf Ihre Autoren?“

Herr Peters: „Wissen Sie, wenn jemand kein Talent hat zum Schreiben, dann sage ich ihm das klar. Aber ich bleibe dabei höflich und wünsche ihm viel Erfolg für eine andere Karriere. Oder ich verweise auf Alternativen im schreibenden Gewerbe mit anderen Standards.“

Reporter: „Sie meinen damit wohl eine gewisse Zeitung, die Sie nicht mögen?“

Herr Peters: „Ja.“

Reporter: „Verraten Sie uns, welche?“

Herr Peters: „Nein.“

Reporter: „Wieso denn nicht?“

Herr Peters: „So halt.“

Reporter: „Haben Sie etwa Angst?“

Herr Peters: „Das sicherlich nicht, aber man muss sich nicht künstlich als intellektuell inszenieren, indem man sich öffentlich von etwas distanziert, nur weil es gerade chic ist. Viele behaupten, dies oder jenes sei der Grund für den anhaltenden Prozess der Verdummung der Gesellschaft. Alleine die Behauptung der Verdummung an sich darf, ja muss sogar angezweifelt werden! Und selbst wenn dem so wäre, müsste man sicherlich eine differenziertere Ursachenanalyse anstreben. Deshalb möchte ich mich davon distanzieren, mich zu distanzieren, nur um mich dadurch anderen Distanzierten anzunähern.“

Reporter: „Ich verstehe, glaube ich. Aber wie ist es, wenn ein talentierter Autor zu Ihnen kommt?“

Herr Peters: „Ah ‚ein talentierter Autor‘ das ist Poesie in meinen Ohren! Wissen Sie, Talent ist wie eine zarte Rose. Man muss sie hegen und pflegen, darf sie nur mit wohltemperiertem Wasser gießen, sollte ihr dann und wann Debussy vorspielen oder bei Neumond einen frohen Reigen tanzen – aber niemals zum falschen Zeitpunkt düngen!“

Reporter: „Sie scheinen sich gut mit Pflanzen auszukennen, würden Sie sich denn als Naturfreund bezeichnen?“

Herr Peters: „Würde ich mich selbst so bezeichnen? Eine gute Frage! Zumindest stehe ich gerne auf einer Anhöhe, wenn der Tag sich dem Ende neigt, und betrachte in der Ferne den Sonnenuntergang, während der Wind mein Haar zerzaust.“

Reporter: „Kommen Sie sich dann nicht vor wie in einem Gemälde der Früh-Romantik, so einem richtig alten Schinken?“

Herr Peters: „Wer sich in solch einer Situation nicht so vorkommt, hat als Kind wohl die falschen Bücher gelesen und war nie in einem Museum.“

Reporter: „Ja, das waren noch Zeiten! Oder, um ein Zitat von Ihnen zu bemühen: ‚o tempora o mores‘.“

Herr Peters: „Das ist nicht direkt von mir, das habe ich aus einem Asterix-Band.“

Reporter: „Ach, das wusste ich nicht. Erzählen Sie uns mehr! Unsere Leser interessieren sich sehr für den Privatmann hinter dem kühlen Verleger Herr Peters. Wie darf man sich den vorstellen?“

Herr Peters: „Nun, wissen Sie, ich bin natürlich auch ein ganz normaler Mensch: Ich mag lustige Tiervideos aus dem Internet, SMS verfasse ich grundsätzlich in Rückwärtsschrift und zum Frühstück esse ich heimlich Eiscreme – aber ohne Sahne, man muss es ja nicht zu bunt treiben!“

Reporter: „An diesem Punkt muss ich einhaken. Wie sieht es denn mit der wilden Seite des Verlagswesens aus?“

Herr Peters: „Ich verstehe, worauf Sie hinaus wollen.“

Reporter: „Ach ja?“

Herr Peters: „Natürlich [lacht], Sie meinen meine Leidenschaft für den Fußball!“

Reporter: „Richtig, das interessiert mich. Lassen Sie mich hier noch einmal nachfragen: Ist das nicht etwas unorthodox mit diesem wilden Fan-Dasein… dürfen Düsseldorfer das?“

Herr Peters: „Fortuna steht eben für Leidenschaft!“

Reporter: „Um ehrlich zu sein: Ihre Aussagen wirken auf mich ein wenig egozentrisch.“

Herr Peters: „Ich denke, das liegt alles im Auge des Betrachters – in meinem Auge, möchte ich betonen!“

Reporter: „Das ist äußerst skurril, Herr Peters! Nun muss ich endlich auf ein ganz anderes Gerücht eingehen: Angeblich soll die ‚Macht‘ stark in Ihnen sein?!“

Herr Peters: [mit flüchtiger Handbewegung] „Sie ziehen die Frage zurück und bedanken sich für das Gespräch.“

Reporter: „Ich ziehe die Frage zurück und bedanke mich für das Gespräch.“

 

(Das Interview führte der Reporter)

 

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