„Yome Akahata“

von Heribert Riesenhuber aus Weihnachtskarpfen – Zwei Dutzend Einfälle

 

Yome Akahata war durch die Züchtung farbenfroher Koi ein reicher Mann geworden. In ganz Japan kaufte man seine rot und gelb leuchtenden Fische, um sie im eigenen Gartenteich zu bewundern. Es waren Schmuckstücke von ausgesprochener Intelligenz – jedenfalls für einen Fisch. Aber eines Tages flaute das Geschäft ab. Koi waren beliebt wie eh und je – aber sie wurden kaum noch gekauft. Jeder hatte schon einen.

Da Mister Akahata sich aber inzwischen einen aufwändigen Lebensstil angewöhnt hatte, den aufzugeben er nicht bereit war, sann er auf eine neue Idee. Neue Ideen waren jedoch nicht Mister Akahatas Stärke, also entschied er sich, Koi in weiteren Farben zu züchten. Der blaue Koi war ein kleiner Erfolg und auch der grüne wurde von einigen Exzentrikern gerne gekauft. Aber es gab in Japan nicht genügend Exzentriker, um den Absatz an grünen Fischen zu garantieren, den Mister Akahata benötigte. Er plante die Züchtung des Regenbogen-Kois. Ein Fisch, der in allen Nuancen des Farbspektrums schillerte. Dafür erweiterte Mister Akahata sogar sein Zuchtbecken und legte sich einen Vorrat an Fischfutter zu, der jedem Sternerestaurant zur Ehre gereicht hätte. Die ersten Züchtungen waren vielversprechend – und teuer. Die Fische schillerten in immer neuen Farben. Bis schließlich nur noch eine fehlte: das Lilablassblau. Auf der ganzen Welt gab es nur einen einzigen Koi in dieser Farbe, und der schwamm im Aquarium eines New Yorker Restaurants an der 43. Straße.

Mister Akahata reiste im Flugzeug – erster Klasse – nach Amerika, um den Fisch zu kaufen. Aber sein Besitzer war nicht dumm. Er wusste, dass viele seiner Kunden nur wegen des seltenen Koi zu ihm ins Restaurant kamen. Diesen Umstand nutzte er, um den Preis in die Höhe zu treiben. Mister Akahata zahlte und flog zurück in seine Heimat. Mit dem Fisch im Handgepäck – Touristenklasse. Daheim angekommen machte er sich gleich an die Arbeit. Hunderttausend Koieier, Kreuzungen der farbigsten Exemplare mit dem einen, dem lilablassblauen Koi bevölkerten die Zuchtbecken. Dann schlüpften die Fische aus ihren Eiern, zunächst kleine, durchsichtige Winzlinge, die mit erlesenem Fischfutter aus aller Welt gefüttert wurden.

Als sie aber größer wurden, stellte Mister Akahata fest, dass sie keine rechte Farbe entwickelten. Natürlich schimmerte der eine oder andere mal in Lila, Rot oder Blau. Aber bei strenger Betrachtung musste er zugeben, dass sie allesamt grau waren.

Und so blieb Mister Akahata nichts anderes übrig: Er musste seine Koi als Weihnachtskarpfen verkaufen, um wenigstens noch etwas Geld dafür zu bekommen.

 

Diese Geschichte finden Sie neben 23 anderen Einfällen im literarischen Adventskalender Weihnachtskarpfen – Zwei Dutzend Einfälle. 

 

© 2013 Morisken Verlag München

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